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Dezember 2014/Januar 2015

Liebe Gemeinde,

wir tragen alle unsere Erwartungen in uns. Wir haben unsere Wünsche. Wir können viel aufzählen, was sich alles verändern soll – in unserem eigenen Leben, in unseren Familien, in unserer unmittelbaren Umgebung, in unserer Stadt, in unserem Land, in unserer Welt.

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Foto: Caroline Pollmann

Oft tragen unsere Erwartungen auch konkrete Gesichter: die heilenden Fähigkeiten des Arztes zur Wiederherstellung der eigenen Gesundheit, die Veränderungen am Arbeitsplatz, um alles viel einfacher, alles viel besser zu erleben. Oder dass der Nachbar doch endlich viel freundlicher, rücksichtsvoller wird, die Politik viel sozialer, gerechter und endlich Frieden auf unserer Erde einkehre.

Wir tragen alle an unseren Erwartungen. Wir tragen, weil sich das Erwartete so nicht einstellt - wie erwartet. Nicht so schnell. Nicht so reibungslos. Und überhaupt: ob es jemals Wirklichkeit wird, wer kann das schon sagen?

In Erwartung leben?! Ist dies möglich?

Die Antwort darauf hängt von dem ab, worauf wir warten. Wir leben im Advent. Als Christen betonen wir, wir warten auf Gott, auf seine Ankunft in unserer Welt. Auf sein Heil. Auf seinen Frieden. Auf seine Gerechtigkeit. Wir warten auf die Geburt Jesu. Wir erinnern uns an Bethlehem, an die Geburt des Jesus-Kindes damals im Stall.

Wir warten abwartend, zweifelnd, mancher schon resignierend und kann vielleicht deshalb nicht warten, bis es Weihnachten wird mit seinen unvergleichlichen äußeren Höhepunkten an geschmücktem Christbaum, Christstollen, Weihnachtsliedern…

Warten zu müssen, hat in der heutigen Zeit keinen guten Klang. Wir warten nicht freiwillig. Warten zu können oder warten zu dürfen, empfinden wir als fremd.

Das Warten aber im Advent ist eine Einladung, diese Zeit als geschenkte Zeit zu begreifen, als ein Warten dürfen. Es ist eine Gelegenheit, den Blick und die Aufmerksamkeit verstärkt auf mich, auf den Nächsten und auf Gott zu richten; auf das, was im Alltag allzu oft in den Hintergrund tritt. Dabei warten wir nicht mit ungewissem Ausgang, sondern unser Warten hat ein Ziel. Gott ist unser Ziel. Irgendwann wird der Lichtweg bei uns angekommen sein.

Schauen Sie sich deshalb einmal in Ruhe das umstehende Bild an. Es ist ein für mich faszinierendes Wortspiel: Erwartet (sein) – Er wartet (auf uns / mich).

Welche Saiten des Lebens werden damit nicht angerührt?! Erwartet sein – zielgerichtet, ausgerichtet leben zu können!

Er wartet – da ist einer, der auf uns / mich wartet. Das verspricht Heimat und Geborgenheit!

Und wenn ER auf uns wartet, dann begegnet er uns in allen Dingen unseres Lebens. In den Gesichtern anderer Menschen, in der Vergebungsbereitschaft untereinander, in unserer Hilfsbereitschaft und nicht zuletzt auch in den Flüchtlingen, die Sicherheit für ihr Leben in unserem Land suchen und vielem anderen mehr.

Erwartet sein – das hat ja in unserer Kirchgemeinde in diesem Jahr auch noch einen ganz besonderen Klang. Hauptamtliche Mitarbeiter sind in ihren wohlverdienten (erwarteten) Ruhestand gegangen oder haben ihren Arbeitsplatz gewechselt. Neue Mitarbeiter kamen hinzu. Wie viel an Erwartungen ist damit allein verbunden?

Am 1. Advent führen wir nicht nur unseren neuen Kirchenvorstand, sondern auch unseren neuen Kantor Herrn Mathias Bertuleit ein und am 2. Advent findet die Ordination von Pf. z. A. Ciprian Matefy statt, der in unsere Kirchgemeinde für die für ein Jahr neu geschaffene 4. Pfarrstelle entsendet wird.

Wir wünschen allen von Herzen, dass auf allen Erwartungen, die ein jeder in sich trägt und mit seinem Dienst verbindet, Gottes Segen liegt und ein jeder erlebt: hier in dieser Kirchgemeinde werde ich auch erwartet mit meinen Gaben und Begabungen.

Mit herzlichen Grüßen und Wünschen für eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit – im Namen aller Mitarbeiter

Ihr Pfarrer Christian Haustein