Beitragsseiten

Dezember 2015 / Januar 2016

Liebe Gemeinde,

ein Montagmorgen im November. Draußen regnet es. Ich mache meine Hausarbeit. Befülle die Waschmaschine, räume die Küche auf. Und noch die Bügelwäsche. Dann aber geht´s an den Schreibtisch. Ich will doch heute die Besinnung für den Gemeindebrief schreiben. Für den Dezember. Ob ich schon etwas vom weihnachtlichen Glanz einfange? Ich hatte da ein schönes Bild gefunden…

Fritz von Uhde hat das Bild »In der Heiligen Nacht« im Jahr 1893 gemalt. Es sind im Original warme Brauntöne. Eine freundliche, warme Ausstrahlung kommt mir entgegen. Es ist ein stilles Bild. Es strahlt Ruhe aus. Die Ruhe, die ich mir für Gottes Fest wünsche und jedes Jahr nicht selbst hinkriege. Hier ist sie festgehalten. Auch wenn ich ahne, daß vorher Hektik, Angst und Sorge die drei Menschen in ihrem Bann hatten. Alles aber, was vorher war, die Wehen und Schreie, die Angst des Mannes, scheinen verflogen. All das war davor. Jetzt aber ist Gott da. Klein, fast so verletzlich wie die Stille, die hier greifbar ist und die schon jedes kleine Geräusch verletzen kann.

Nichts ist zu sehen von dem Kometenschweif, keine heiligen Weisen, keine Engelschöre. Nichts vom Glanz der Weihnacht, auf den ich mich gefreut habe. Der Stall bleibt ein Stall. Er wird kein Schloß und auch keine verkappte Wolkenburg.

In Wolkenburg bei Chemnitz wurde der Maler Fritz von Uhde 1848 geboren. Aber in den Himmel zieht es seine Malerei zeitlebens nicht. Eher zu den einfachen Leuten, zu Bauern und Handwerkern. Ob ich in den kommenden Tagen so auf Jesus schauen werde wie Maria? Die Hände gefaltet, ein wenig aufgestützt läßt sie den Blick nicht von ihrem Kind, das mehr sein wird als nur ihr Kind. Und das Kind schaut sie an. Es erwidert und sucht ihren Blick. Ob in diesem Blick schon etwas liegt von dem, was Gott mir bringt?

Dieser arme Stall birgt viel. Gerade weil er Stall ist und arm bleibt. Im Hintergrund sehe ich die Räume für das Vieh, nur ein Lager aus Stroh für Maria und Jesus. Und dann hat mich auch Joseph bewegt. Deutlich älter als Maria, mit leicht ergrautem Bart, steht er leicht gebückt da. Auf einer umgedrehten Schubkarre steht ein kleiner Kocher und ein Teller mit Löffel. Joseph kocht eine erste leichte Mahlzeit für Maria. Er scheint ganz in diese Arbeit versunken. Vielleicht ist ihm alles zu groß, zu überwältigend. Vielleicht muß er erst für sich klarkriegen, was in dieser Nacht geschah. Vielleicht ist aber auch das Kleine das Eigentliche. »Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.«

Fritz von Uhde wurde für seine Bilder kritisiert. Wegen ihrer Schlichtheit wurden sie abgelehnt. Er male zu naturalistisch und zu oft einen Arme-Leute-Jesus. Ihn hat es nicht in einer Wolkenburg gehalten. Er blieb mit seinen Bildern auf der Erde. So wie Gott alles ablegt. Mit mir neu beginnt als kleiner Mensch in einem armen Stall.

Dies Bild hat mich getroffen, weil es klein bleibt. Es zeigt mir, daß Gott meinen Alltag sucht. Es gibt hier keinen Glorienschein. Das einzige Licht geht von einer Stalllaterne aus. Er reicht aus, um zu erhellen, was wichtig ist. Der Blick Marias, der Blick Jesu, die Fürsorge Josephs.

Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen im Namen aller Mitarbeiter
Ihre Pfarrerin Carola Ancot