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August / September 2016

Liebe Gemeinde - Ein »Happy End«?

Vor Ihnen liegen die neuen Kirchennachrichten, hinter Ihnen liegen hoffentlich angenehme, erholsame Sommertage. Am Beginn der Sommerszeit stand das Gemeindefest mit dem Kindermusical »Der barmherzige Samariter«. Neun Kinder aus unserer Gemeinde, verstärkt durch die Kurrende der Zionskirchgemeinde haben musikalisch dargestellt und kommentiert, was einem Mann, im Musical dem Händler, auf seinem Weg von Jerusalem nach Jericho wiederfuhr.

Er war da ja nicht ganz allein – Räuberbande, Priester und Levit, Samariter und Wirt haben sich zu diesem Händler positioniert. Die einen meinen, Reichtümer eigenmächtig umverteilen zu dürfen… »Packt ihn, fasst ihn, das gibt fette Beute. Von diesen Händlern gibt’s genug und wir sind arme Leute!« So rappte der Kinderchor und fiel über den armen Händler her. Niedergeschlagen, zusammengeschlagen, mittellos bleibt der Händler auf der Strecke. Ein vorbeikommender Priester geht auf Distanz zu einem augenscheinlich so großen Sünder: Selber Schuld am eigenen Elend. Entbindet ihn diese Mutmaßung seiner Verantwortung? Außerdem hat er Termine. Keine Zeit – also schnell weiter!

Ein Levit befürchtet gar sich unrein zu machen an diesem blutverschmierten Lump. Er analysiert die Lage kurz nach Fakten: blutverschmiert, kultisch unrein und es gibt andere die dafür viel besser ausgebildet sind zu helfen. Ein dritter kommt vorbei und hilft endlich. Selbst vielleicht unrein, zumindest von den Juden gemieden, verachtet und sicher auch kein ausgebildetes Notfallpersonal. Er leistet Hilfe mit dem, was er dabei hat, bringt ihn dorthin, wo ihm professionell geholfen wird und übernimmt sogar noch die Kosten.

»Das ist wirklich sehr sozial, unglaublich und phänomenal […] der Samariter hilft dem Armen, der Außenseiter hat Erbarmen« mit diesem Ohrwurm schließt das Kindermusical.

Welch ein Happy End! – Happy End? Doch diese Geschichte hat sich so möglicherweise gar nicht ereignet. In der Bibel, im Evangelium nach Lukas Kapitel 10, 25-33 lesen wir wie ein Schriftgelehrter Jesus fragend auf die Probe stellen will: »Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? « – Doch er weiß bereits selbst: »Du sollst Gott lieben […] und deinen Nächsten wie dich selbst.« Ist dem Schriftgelehrten diese Antwort zu trivial, zu global oder fühlt er sich entlarvt? Die nun folgende Geschichte erzählt Jesus als Gleichnis auf die Frage, wer dieser Nächste wohl wäre.

Schon zu Beginn des Gleichnisses fühlt man, dass der unter die Räuber geratene dringend Hilfe benötigt – seiner Sachen beraubt und halbtot. Mancher kann die Schmerzen, den Straßendreck in den Wunden, die glühende Sonne und die Hilflosigkeit nachempfinden. Mitgefühl, Liebe, Barmherzigkeit für andere und deren Gleichstellung mit der Liebe, dem Mitgefühl und der Barmherzigkeit zu sich selbst erscheinen als ein Schlüssel zu Jesu Auftrag: Erkenne deinen Nächsten und lass ihm die notwendige Zuwendung zu Teil werden!

Der bzw. die Nächste liegt oft schon »auf dem Weg«. Dem Samariter gelingt es, mit den ihm gegebenen Möglichkeiten wichtige Hilfe zu leisten, ohne sein eigentliches Reiseziel aufzugeben. Er überlässt eben auch einen Teil der Hilfe den professionellen Kräften und bezahlt diese dafür aus eigener Tasche.

Zum Gemeindefest konnten sich durch das Engagement aller Mitwirkenden weit über zweihundert Gemeindeglieder und Gäste an diesem Kindermusical erfreuen. Ein herzliches Dankeschön allen beteiligten Kindern und deren Eltern aus unserer und der Zionskirchgemeinde, allen fleißigen Kulissenmalern und -gestaltern, insbesondere der Krabbelgruppe, sowie Gemeindepädagogin Frau Casali und der Kantorin der Zionskirchgemeinde, Frau Ballendat für die fach- und gemeindeübergreifende Zusammenarbeit. Jeder tat das ihm Mögliche und brachte sich mit seinen Fähigkeiten ein. Das Ganze war am Ende mehr als die Summe der Einzelteile und hat Unbeteiligte mit hinein genommen. Von diesem Engagieren und Potenzieren lebte das Gemeindefest und lebt das Miteinander in der Gemeinde insgesamt. »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es« klingt mir als Resümee aber zu einseitig humanistisch. Wenn ich Gott in mir wahrnehme und respektiere, dann wird er mir auch in meinem Nächsten begegnen. Ich wünsche mir und uns, dass uns dies in unseren Begegnungen im täglichen wie im gemeindlichen Leben für unseren Nächsten aufmerksam macht und motiviert.

Das Happy End der Geschichte des Kindermusical-Projektes ist für mich ein »Open End«. Denn es gilt immer wieder neu, Gott, unseren Nächsten wie uns selbst zu erkennen und zu lieben.

Herzlich grüßt Sie
Ihr Kantor Mathias Bertuleit


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