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April / Mai 2017

Was bedeutet mir die Auferstehung? Was bedeutet mir das Geschehen, das der Altar in der Erfurter Predigerkirche wie in einem Schnappschuss festhält? Der Auferstandene auf dem Weg vom Tod ins Leben, gezeichnet mit den Wundmalen, die Hand zum Segen erhoben? Die schlafenden, wie erstarrten Wächter? Der Engel, der die für ihn scheinbar viel zu große Grabplatte in Händen hält? Die Frauen im Hintergrund, auf dem Weg zum Grab, um den vermeintlich Toten zu betrauern? Was bedeutet mir die Auferstehung? Was kann sie mir bedeuten angesichts des Elends in der Welt und bei uns?


© Michael Tillmann, Aachen

Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: "Kinder der Auferstehung hat uns Christus genannt. Kinder, die Heimweh haben, das sind wir, wenn es recht mit uns steht."

Was heißt das? Zunächst, dass wir von der Auferstehung Christi so abhängig sind wie ein Kind von seinen Eltern. Ohne die Auferstehung hängt das Leben gleichsam in der Luft, verliert seinen Ursprung. Das ist schon eine gewagte These: Ist das wirklich so? Empfinde ich das in meinem Leben ebenso? Dietrich Bonhoeffer hat um die Schwierigkeiten dieses Satzes im alltäglichen Leben sehr genau gewusst, denn er hat die Schrecken in ungeheurer Brutalität am eigenen Leib erfahren. Und deshalb fügt er einen zweiten Satz hinzu: "Kinder, die Heimweh haben, das sind wir, wenn es recht mit uns steht."

Nach dem Tod geht es für viele nicht mehr weiter. Alle Wege kommen an ein Ende, alle Hoffnungen. Doch Kinder der Auferstehung, die ihre Heimat nicht vergessen, vertrauen darauf: Jesus lebt. Die entscheidende Veränderung hat sich nicht vor unseren Augen abgespielt, doch wir können sie bezeugen: das Grab ist leer. Christus ist auferstanden. Gott schlägt das Buch des Lebens Jesu noch einmal auf. Die Erstarrung des Todes löst sich auf. Bewegung kommt in die Welt. Bewegung kommt in mein Leben. Es hat Ursprung und Ziel. Christliches Leben ist Heimkehr zu der Quelle, aus der wir leben. Das bedeutet mir die Auferstehung.

Und es geht nicht nur um Quelle und Ziel, Ursprung und Heimkehr, ich erfahre auf diesem Weg auch Begleitung. Der, der mich erwartet, führt mich auch zu sich. Er begleitete die Frauen durch die Trauer hindurch zur Freude und ist auch für die Wächter da, wenn sie aus ihrem Schlaf erwachen. Von dieser Botschaft darf ich mich bewegen und beleben lassen.

Ostern will uns dazu neue Kraft geben: Kinder der Auferstehung zu sein. Heimweh zu haben und Gottes Spuren zu folgen. Aufmerksam zu sein für seine Begleitung an meiner Seite. Gott und einander zu vertrauen, Lieblosigkeit zu überwinden, sich zu Schuld zu bekennen, auch Unbequemes zu wagen und immer wieder das Gespräch zu suchen: mit Gott, mit mir selbst, mit den Menschen. Zu all dem will Ostern uns bewegen, damit sich in der Welt etwas bewegt - hin zum Leben.

Gesegnete Ostern wünscht Ihnen Ihre
Pfarrerin Carola Ancot