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August / September 2019

Vor unbekannten Türen

In wenigen Tagen werden verschiedentlich Türen ins Unbekannte geöffnet: Für die Schulanfänger öffnet sich zum ersten Mal die Tür ins Schulhaus. Für viele Eltern ist dieser Schritt ihrer gar nicht mehr so klei-nen sechs- und siebenjährigen Kinder viel-leicht sogar noch aufregender. Die Kinder schließen nun morgens selbst die Haustür hinter sich und gehen ihren Weg selbst-ständig (sollten sie zumindest!) – und die Eltern ahnen: Nun beginnt er doch lang-sam, der Ernst des Lebens… Wie werden die Sprösslinge klarkommen, hinter der Schultür?


© gemeindebrief.de

Aber auch die Kinder, deren Weg ab der 5. Klasse in eine andere Schule führt, stehen am ersten Schultag sicher mit klopfenden Herzen vor der neuen Klassenzimmertür: Wen kenne ich? Werde ich neue Freunde finden? Und schaffe ich das überhaupt alles?

Auch wer im Krankenhaus einen Besuch macht, klopft vielleicht mit bangem Gefühl an die Tür des Krankenzimmers – was erwartet mich? Wie schlecht geht es dem Patienten wirklich – und was soll ich über-haupt sagen?

Auch am Ende eines Arbeitslebens wartet mit dem Eintritt ins Rentenalter eine neue unbekannte Tür. Eindeutig im Vorteil ist, wer eine einigermaßen lückenlose Er-werbsbiographie mit vielen Arbeitsjahren vorweisen kann. Der kann finanziell gut versorgt neu durchstarten. Für viele wird aber gerade das zum Wermutstropfen beim Thema Rente – wie werde ich finan-ziell überhaupt dastehen? Nichtsdestotrotz: Die meisten freuen sich auf diese neue Eingangstür in die Rente: Plötzlich habe ich Zeit! Man könnte so Vieles neu begin-nen oder endlich zu Ende bringen; all die Dinge, für die sonst nie Zeit war, das lange geplante Gartenbeet anlegen, die alte Freundin im Westen besuchen, viel mehr spazieren gehen oder sich endlich zur Rü-ckenschule anmelden...

Freilich haben viele im Laufe ihres Lebens auch erlebt, wie Türen zugeschlagen wur-den: die Haustür im Streit oder - im über-tragenden Sinn - manche Wünsche, die sich nicht erfüllten, Träume, die geplatzt sind, Pläne, die durchkreuzt wurden. Manchmal macht man dann tatsächlich die Tür hinter sich zu und will erstmal nichts mehr hören und sehen, nur in Ruhe gelassen werden.

Was verbirgt sich hinter der Tür auf dem Bild? Wahrscheinlich ist es eine Kirchentür - mit so komischen griechischen Buchsta-ben drauf. Alpha und Omega, der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets, sind im Buch der Offenbarung das Symbol für Jesus: „Ich bin das A und O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ (Offb 22, 13) Alpha und Omega auf der Tür zeigen: Du kannst die-se Tür getrost aufmachen und hineingehen. Was immer dich dahinter erwartet – Jesus ist der Herr über Zeit und Ewigkeit. Jeder neue Anfang liegt in seiner Hand, genau wie jedes Ende.

Ob beim Start in unbekanntes neues Ter-rain im neuen Schuljahr oder als Rentner, beim Umzug in die fremde Stadt für Stu-dium, Ausbildung oder eine neue Arbeit, aber auch beim Gang durch die Kranken-haustür, gilt Gottes Zusage für uns: „Ich bin das A und O“ – Ich war da, und ich werde da sein. Auch hinter unbekannten Türen und hinter neuen Horizonten.

Im Alten Testament wird in der geheimnis-vollen Begegnung von Mose mit dem brennen-den Dornbusch der Na-me Gottes in ähnlicher Weise gedeutet: „Ich bin, der ich bin“ – oder einfacher gesagt: Ich bin da. Für dich. Hinter jeder neuen Tür.

In dieser Gewissheit lassen sich unbekann-te Türen leichter öffnen. Denn jeder Neu-beginn bietet neben aller Aufregung und Ungewissheit auch viele neue Chancen und Möglichkeiten. Und wir dürfen dabei vertrauen, dass Gott uns auf unseren We-gen durch neue Türen mit seinem liebevollen Blick begleitet. Er ist der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Er wird uns die richtigen Türen öffnen. Und wir müssen nicht allein hindurchgehen. Auch nicht durch die allerletzte Tür unseres Lebens.

In herzlicher Verbundenheit grüßt Sie
Ihre Pfarrerin Eva Gorbatschow