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Oktober / November 2020

Ich lese den Monatsspruch für Oktober:

„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.“ (Jeremia 29,7).

In vielen Gesprächen des letzten halben Jahres kamen wir immer wieder auf ein Thema. Unseren Wunsch, unsere Hoffnung, dass sich die Menschen besinnen. Dass sie sich solidarisch verhalten, füreinander einstehen, vor allem für die Schwächeren.


© gemeindebrief.de

Und wir teilten uns unsere Bedenken mit, ja auch Ängste, die der eine oder andere hat angesichts der Forderungen der Zeit. Denn wir sahen auch, was vorging. Hass auf unseren Straßen, eine eklatante Spaltung der Gesellschaft, ein Riss mitten durch die Stadt. So fern von dem wunderbaren menschlichen Zusammenhalt, den wir in unserer Gemeinde seit diesem Frühjahr erlebt haben, denn hier bei uns war der eine für den anderen da.

Ob er diesen anrief, um zu fragen, was nötig sei oder jenem ohne Internetanschluss die verschriftlichten Predigten der Pfarrer vorbeibrachte. Das Angebot zum Einkauf war in unserem Nachbarschaftshilfenetz genauso selbstverständlich wie das Nähen von Alltagsmasken und vor allem anderen - das Gespräch. Der Austausch von Menschen, die sich wirklich füreinander interessieren, die ihren Glauben teilen und diesen als Grundlage für ihr gesamtes Sein begreifen. Denen all die gemeinsamen Werte Geleit durch alle Zeiten sind, mögen sie auch einmal keine guten sein.

Doch selbst die wunderbarsten Optimisten haben es gerade ziemlich schwer.

Anzusehen, was vor sich geht und dabei nicht zu verzweifeln, wenn man zum wiederholten Mal so menschenverachtende Meinungen hört, dass die Pandemie ja nur die „Schwachen“ trifft und ohnehin alles eine einzige große Verschwörung sei.

Und in meiner eigenen Verunsicherung, was denn nun gut wäre zu tun, fiel mir ein Satz ein, den Carlo Schmid, Staatsrechtler und Mitglied des Parlamentarischen Rates, in den Nachkriegszeiten 1948 sagte: „Man muss auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.“ Dieser Gedanke löste den widersprüchlichen Knoten in mir!

Und so werde ich persönlich beides tun: mich sehr deutlich zu jenen äußern, wenn diese all unsere christlichen Werte mit Füßen treten, obwohl sie sich mitunter gar darauf berufen. UND zum Herrn für unsere Stadt beten, dass es ihr gut ergehe!

Bleiben Sie mit Gottes Segen behütet!
Wünscht Ihre

Anne Mechling-Stier