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Gelebte Ökumene zwischen der evangelischen Johanneskirchgemeinde und der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde

„GEMEINSAM BETEN, GEMEINSAM HANDELN, GEMEINSAM FEIERN“,

so wird kurz zusammengefasst, was engagierte Laien im 1992 gebildeten Ökumenekreis an bereits vorhandener ökumenischer Tradition weiterführen und neu initiieren.
Wir wollen den Kontakt zwischen den beiden Gemeinden lebendig erhalten, der schon seit vielen Jahren besteht.

Zu den Veranstaltungen ist jeder willkommen. Die Einladungen finden Sie im Infoblatt (wenn die Termine zeitig genug feststehen), in unseren Schaukästen oder Sie lassen sich am besten im Gottesdienst einladen.

Zur Geschichte:

Eine enge Beziehung zwischen beiden Gemeinden entwickelte sich bereits in einer Zeit, als ökumenisches Bewusstsein gemeinhin noch überhaupt nicht erwacht war, geschweige denn besonders gepflegt wurde.

Die Begegnung des damaligen evangelischen Pfarrers Schmidt und seines katholischen Amtsbruders Derksen beim Dienst als Divisionspfarrer an gleicher Stelle während des 2. Weltkrieges mit dem Leid und der Not dieser Zeit und die heute nicht mehr vorstellbaren Folgen der Zerstörung Dresdens auch für unsere beiden Gemeinden machten gegenseitige Hilfe und Zusammenarbeit zur Selbstverständlichkeit. Vor allem das gegenseitige Gastrecht in noch nutzbaren oder neu entstandenen Gemeinderäumen und in der instandgesetzten Herz-Jesu-Kirche war bis Ende 1957 normal und wird von der Johanneskirchgemeinde z. B. bei Konfirmationsgottesdiensten immer noch dankbar in Anspruch genommen, da wir ja über keinen ausreichend großen überdachten Kirchenraum verfügen.

Während der vierzig Jahre DDR war ein Zusammenrücken von Christen im atheistischen Umfeld wichtig. Sich gegenseitig zu kennen und auch im Bekennen zu stärken war besonders für Kinder im Schulalltag hilfreich.

Es wurden in dieser Zeit regelmäßige gemeinsame Gemeindeausflüge ( z.B. Fahrten mit einem gecharterten Dampfer auf der Elbe mit Gottesdiensten auf dem Schiff; Straßenbahnsonderfahrt ), eine gemeinsame Rüstzeit, gemeinsame Aschermittwochsgottesdienste zur Einstimmung auf Buß- und Fastenzeit, von den Jugendlichen der Gemeinden ein gemeinsames Taizégebet und ökumenische Frühlingsfeste organisiert.
In dieser Zeit fanden auch die ersten gemeinsamen Sitzungen der Kirchenvorstände der evangelischen Gemeinden Erlöser-Andreas-Gemeinde und Trinitatisgemeinde sowie des Pfarrgemeinderats der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde statt.

Der Kontakt erhielt dadurch eine politische Dimension, dass seit 1982 ein Friedenskreis bestand, der von den Pfarrern Albrecht (Trinitatisgemeinde) und Luckhaupt (Herz-Jesu-Gemeinde) initiiert und geleitet wurde. Diese Gruppierung spielte im Herbst 1989 eine maßgebliche Rolle beim gewaltfreien Übergang von der SED-Diktatur zur Demokratie.

Nach 1989:

Seit 1994 wird das Reformationsfest ökumenisch gefeiert und seit 1999 mit einer gemeinsamen Prozession. Weil der 31.10.1999 auf einen Sonntag fiel, hat sich dafür ein Modell ergeben, bei dem die, damals noch drei, beteiligten Gemeinden getrennt den Gottesdienst beginnen und Abendmahl feiern können und danach gemeinsam unterwegs sind zum gottesdienstlichen Abschluss in der Trinitatiskirchruine.

Im Jahr 2000 (Fusion der Erlöser-Andreas-Gemeinde und Trinitatisgemeinde zur Johanneskirchgemeinde am 1.1.2000) hat die ökumenische Zusammenarbeit durch die Vorbereitung auf den 1. Ökumenischen Kirchentag in Berlin eine neue Belebung erfahren. Wir bereiteten uns mit zwei Gemeindeabenden vor. Dr. Reinhard Höppner referierte unter dem Thema „Lebendige Gemeinschaft am Tisch des Herrn – Hoffnungen und Hemmnisse“, Dr. Bernhard Vogel zum Thema „Der Ökumenische Kirchentag - Vorgeschichte, Planungen, Erwartungen“.
Auf dem Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin waren wir mit einem Stand auf der Agora vertreten. Dort haben wir unser ökumenisches Gemeindeleben vorgestellt und sind mit vielen Kirchentagsbesuchern ins Gespräch gekommen.

Zu einem ökumenischen Wandertag treffen wir alle ein bis zwei Jahre. Unterwegs gibt es reichlich Zeit zum Kennenlernen und Schwatzen und Zeit zur Andacht, zum Singen und Beten. Im Jahr 2002 haben wir wegen der großen Hochwasserschäden nach der „Flut“ an unserem geplanten Wandertag allerdings einer Firma in Niederschlottwitz mit einem Arbeitseinsatz bei Aufräumarbeiten geholfen.

Jährlich finden der Gebetsabend für die Einheit der Christen, die aus evangelischer Tradition stammende Bibelwoche und der Weltgebetstag der Frauen ökumenisch mit wechselnder Gastgeberschaft statt.

Ein ökumenischer Elferrat organisiert die Faschingsfeier im katholischen Gemeindezentrum in der Borsbergstraße.

Beendet ist inzwischen die Tschernobylaktion. Über mehrere Jahre hatten jeweils bis zu 20 von der Reaktorkatastrophe gesundheitlich betroffene Kinder aus der Gegend von Tschernobyl (Ukraine) mit Begleitern und Dolmetschern jedes zweite Jahr die beiden Dresdener Gemeinden vier Wochen lang besucht. Die Unterbringung in Familien, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen und Programmen wurden von Müttern beider Gemeinden geplant und umgesetzt.

2004 besuchten wir gemeinsam gut vorbereitet die Landesausstellung „Glaube und Macht“ in Torgau und 2007 Eisenach und die Wartburg „Auf den Spuren der Heiligen Elisabeth“.

Jetzt, 2009 / 2010 bereiten wir uns auf den 2. ÖKT in München vor. Der erste Gemeindeabend mit Dr. R. Höppner zum Thema „Kirchentage – Von Berlin (2003) über München (2010) nach Dresden (2011)“ hat schon stattgefunden, am 25.3.2010 ist ein zweiter Vorbereitungsabend mit Bischof Dr. Joachim Wanke aus Erfurt zum Thema „Neuer Konfessionalismus – Was Ökumene hindert und fördert“ geplant. Unsere Bewerbung für die Beteiligung an der Gottesdienstwerkstatt beim 2. ÖKT konnte wegen der großen Zahl der Bewerber nicht berücksichtigt werden. Trotzdem wird eine Gruppe nach München fahren.
„Damit ihr Hoffnung habt“, wir erhoffen uns neue ökumenische Impulse.

Sollten Sie Vorschläge für die Arbeit des Ökumenekreises haben, melden Sie sich bitte über das Pfarramt bei uns. Wir freuen uns über neue Ideen und wenn Sie an den ökumenischen Veranstaltungen teilnehmen.

Der Ökumenekreis

 

Aus der Präsentation der Ökumenischen Zusammenarbeit der beiden Gemeinden nachfolgend ein paar ergänzende Ausschnitte.


Kurze Darstellung der beiden Gemeinden

Evangelisch-Lutherische Johanneskirchgemeinde Dresden-Johannstadt-Striesen

Die Evangelisch-Lutherische Johanneskirchgemeinde Dresden-Johannstadt-Striesen gibt es seit dem 01. Januar 2000. Sie ist durch Fusion zweier Gemeinden, der Trinitatisgemeinde und der Erlöser-Andreas-Gemeinde, entstanden. Die Erlöser-Andreas-Gemeinde ist nach der Zerstörung Dresdens ebenfalls durch Zusammenschluss entstanden.

Die Erlösergemeinde ist die älteste von den Dreien und hat ihren Ursprung in der Prager Salvatorgemeinde. Im Dreißigjährigen Krieg nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg (1620) und der Hinrichtung der Kirchenältesten in Prag wanderten böhmische protestantische Christen nach Sachsen aus.

Die böhmische Exulantengemeinde (Bestandteil der Erlösergemeinde) die auf Grund ihrer Satzung seit Jahren faktisch nicht mehr lebensfähig war, wurde am 31.12.1999 aufgehoben. In einer Stiftung wird das Erbe bewahrt und lebendig gehalten.

An der Ecke Wittenberger-/Paul-Gerhardt-Straße erinnert noch eine Kastanie an den Standort der Erlöserkirche
An der Ecke Wittenberger-/Paul-Gerhardt-Straße erinnert noch eine Kastanie an den Standort der Erlöserkirche
Foto: Thomas Kretschmer

Die Trinitatisgemeinde, von der sich später die Andreasgemeinde abtrennte, ist durch das schnelle Wachstum des Dresdner Ostens in den Gründerjahren ausgangs des 19. Jahrhunderts entstanden.

Alle drei Kirchen wurden am 13. Februar 1945 zerstört, die Wohngebiete fielen in Schutt und Asche und sehr, sehr viele Gemeindeglieder befanden sich unter den Opfern der Bombennacht.

Die Ruinen der Erlöser- und der Andreaskirche wurden in DDR-Zeiten beseitigt. Die Trinitatiskirchruine besteht noch. Sie wurde nach der politischen Wende im Herbst 1989 mit Fördermitteln und Spendengeldern baulich gesichert und für die Gemeinde nutzbar gemacht.

Blick vom Pfarrhaus auf die Trinitatiskirchruine im Frühjahr 2002
Blick vom Pfarrhaus auf die Trinitatiskirchruine im Frühjahr 2002
Foto: Thomas Kretschmer

Die Gemeinde und der Förderverein zur Erhaltung und Nutzung der Trinitatiskirchruine e.V. kümmern sich darum, dass neues Leben in das himmeloffene Kirchenschiff, die beiden ausgebauten Kapellen und die Kellerräume einkehrt. Im Turm hat seit 1994 die Sozialdiakonische Offene Jugendarbeit ihr Domizil.

So kann das Kirchenschiff, in dem auch Bäume wachsen, als Gottesdienstraum, als Konzertraum und auch als Sportplatz für die Jugend genutzt werden.

Es kann zwar hineinregnen, aber es können auch viele Sonnenstrahlen und der Sternenhimmel den Gottesdienst schmücken. Und in welcher Kirche können sich die Hirten Heiligabend am Lagerfeuer wärmen?

Stolz ist die Gemeinde auch auf den gemeindeeigenen Kindergarten und dankbar dafür, dass er im Jahr 2001 umgebaut und erneuert werden konnte und nun den Jüngsten ein schönes zweites Zuhause sein kann.

Die Situation der Johanneskirchgemeinde ist also besonders dadurch gekennzeichnet, dass sie eine große Gemeinde (die zweitgrößte Sachsens) mit zwei Predigtstätten ist und außer der Trinitatiskirchruine keinen Raum für Gesamtgemeindeveranstaltungen hat, der Gemeinde viele ältere Gemeindeglieder angehören und sie in einem säkularen Umfeld, das keine Bindung zur christlichen Gemeinde hat, existiert. Mit den drei Pfarrern, ihren Mitarbeitern und einem Kern engagierter ehrenamtlicher Helfer gibt es in den zwei Gemeindezentren und der Ruine eine lebendige vielfältige Gemeindearbeit.

Aktuelles und mehr über die Gemeinde kann man im Internet unter www.johanneskirchgemeinde.de/ erfahren.

Katholische Herz-Jesu-Gemeinde Dresden-Johannstadt

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es in den Bereichen östlich des Dresdner Stadtkerns für die etwa 7.000 dort ansässigen Gläubigen kein katholisches Gotteshaus. Auch eine im Jahre 1896 in einer katholischen Grundschule auf der Schumannstraße errichtete Kapelle, die immerhin Platz für ca. 200 Gottesdienstbesucher bot, führte zu keiner Abhilfe.

Nach dem Kauf des Grundstücks Borsbergstr. 15/17 war die Grundlage für eine spätere Gemeindegründung gegeben.

Zunächst war im Oktober 1901 eine katholische Expositur als Vorläuferin einer späteren Gemeindegründung in Dresden-Johannstadt errichtet worden. Bereits am 04. November 1903 wurde der Grundstein für den neogotischen Kirchbau der Herz-Jesu-Kirche gelegt. Architekt und Baumeister des Neubaus war Herr Menken aus Berlin. Schon ein knappes halbes Jahre später, im April 1904 erfolgte die Erhebung zur Katholischen Pfarrei Dresden-Johannstadt und die Einführung von Pfarrer Wilhelm Rudolph als erstem Gemeindepfarrer (bis 1912).

Herz-Jesu-Kirche an der Borsbergstraße im Jahre 2001
Herz-Jesu-Kirche an der Borsbergstraße im Jahre 2001
Foto: Thomas Kretschmer

Dank der großzügigen Spende von Frau Landesältesten Veronika Fischer konnten im Jahre 1905 nicht nur die Baumaßnahmen am Kirchengebäude abgeschlossen werden, sondern wurde in den Folgejahren auch die Ausstattung des Gotteshauses vollendet. Am 26. November 1905 erfolgte die Weihe der Kirche an das heiligste Herz Jesu durch den damaligen Bischof Dr. Georg Wuschanski.

In den Folgejahren wurde die Gemeinde von den Pfarrern Franz Bodenburg (bis 1940) und Joseph Hartmann geleitet und durch die schweren Zeiten der beiden Weltkriege und der NS-Diktatur geführt.

Die Bombennacht in Dresden am 13. Februar 1945 führte zu einem gravierenden und prägenden Einschnitt in der Geschichte der Herz-Jesu-Gemeinde: Der größte Teil des Gemeindegebiets der Pfarrei wurde bei dem verheerenden Bombardement komplett zerstört, dabei unter anderem auch das Pfarrhaus Holbeinstraße 78 und das Gemeindezentrum Huttenstraße 7 vernichtet. Jedoch blieb das Kirchengebäude selbst mit nur ganz wenigen umliegenden Gebäuden erhalten. An dem Bauwerk gingen lediglich die Fenster zu Bruch, die aber bald nach Kriegsende zunächst notdürftig verglast werden konnten.

Unter Pfarrer Johannes Derksen wurden die notdürftigen Fenster durch neugestaltete farbige Fenster ersetzt. Das von diesem selbst erstellte ikonografische Programm mit Motiven aus dem Leben Jesu, biblischen Gestalten des Alten und Neuen Testaments sowie von Heiligen wurde durch den Grafiker und Bildnismaler Prof. Bruno Seener, Chemnitz und Dresden, künstlerisch gestaltet und von der Dresdner Kunstglaserei Beier umgesetzt.

Ende des Jahres 1962 konnte die Gemeinde das neben der Kirche liegende Grundstück und Gebäude Borsbergstr. 13 hinzuerwerben, das perspektivisch als Pfarrhaus und Gemeindezentrum vorgesehen war. Die Realisierung durch den Ausbau des Erdgeschosses des Hauses zu Gemeinderäumen erfolgte im Rahmen der Sanierung des Gebäudes dann jedoch erst in den Jahren 1995 und 1996.

Nach der im Rahmen des II. Vatikanischen Konzils erfolgten Liturgiereform wurde eine Umgestaltung des Altarraums der Kirche erforderlich. Der neugotische Hochaltar wurde durch einen freistehenden Altartisch ersetzt und die bis dahin bestehende Kommunionbank beseitigt. In der Apsis der Kirche wurde ein ebenfalls freistehendes Kreuz mit Corpus aufgestellt, das auf den Gesetzestafeln steht.

Altarraum der Herz-Jesu-Kirche
Altarraum der Herz-Jesu-Kirche
Foto: Christian Scholz

Seit Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts ist die Pfarrgemeinde Eigentümerin eines Hauses in der benachbarten Anton-Graff-Strasse, das nach einem entsprechenden Umbau seitdem als gemeindeeigener Kindergarten "Arche Noah" dient.

Die politische Wende der Jahre 1989 und 1990, an der in Dresden einige Gemeindemitglieder maßgeblich mitgewirkt hatten, führte zur Beendigung staatlicher Überwachung der Gemeindearbeit und zum Zuzug neuer Gemeindemitglieder aus den Alten Bundesländern sowie den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.

Seit 1990 wurden umfangreiche Sanierungs- und Rekonstruktionsarbeiten am Kirchenbau und im Kircheninnern notwendig, die unter den Pfarrern Eberhard Prause (1987 bis 1991), Michael Bautz (1991 bis 1995) und Gottfried Swoboda (1995 bis 2001) durchgeführt wurden. Von Februar 2002 bis August 2006 stand Pfarrer Rudolf Birner der Gemeinde vor.

Blick zur Orgel in der Herz-Jesu-Kirche
Blick zur Orgel in der Herz-Jesu-Kirche
Foto: Christian Scholz

Seit September 2006 steht Pfarrer Bernhard Gaar der Gemeinde vor.

Informationen über die Gemeinde kann man im Internet unter www.herz-jesu-dd.de/ erfahren.


Entstehung und Entwicklung der Ökumene in den beiden Gemeinden

Die schrecklichen Ereignisse für Dresden und seine Bewohner durch den Bombenangriff am 13. Februar 1945 hatten zum einen dazu geführt, dass den meisten Gemeinden viele Gemeindemitglieder und nahezu sämtliche Kirchenbauten verloren gingen. Zum anderen aber rückten die Christen unterschiedlicher Konfessionen – zunächst aus der Not heraus – zusammen und gewährten einander bereitwillig Unterstützung.

So waren die evangelischen Christen in Johannstadt und Striesen vollständig ihres Gemeindezentrums beraubt. Auch die Katholische Herz-Jesu-Gemeinde hatte ihre Gemeinderäume verloren. Wie durch ein Wunder hatte jedoch das Kirchengebäude das Bombardement und den Feuersturm nahezu unbeschadet überstanden. Dieses konnte rasch wieder instandgesetzt und für Gottesdienste genutzt werden.

So wurde der nach Kriegsende fusionierten Erlöser-Andreas-Gemeinde in den Folgejahren bis Ende des Jahres 1957 bereitwillig Gastrecht gewährt. Die Herz-Jesu-Kirche fungierte in diesen Jahren quasi wie eine Simultankirche.

"Im Gegenzug" erhielt der Glockenturm des katholischen Gotteshauses, der wegen des kriegsbedingten Einschmelzens von Glocken kein vollständiges Geläut mehr aufwies und neue Glocken benötigte, unter anderem leihweise zur Ergänzung auch eine Glocke aus der zerstörten evangelischen Andreaskirche, die den Angriff überstanden hatte. Auch wenn diese Glocke nicht ideal in das Klangbild der anderen Glocken passte, so blieb das "ökumenische Geläut" jedoch bis 1990 erhalten.

Diese, zunächst aus einer Notlage heraus entstandene Kooperation führte dazu, dass bereits in dieser Zeit ein guter Kontakt und reger Austausch zwischen den katholischen Gastgebern und den evangelischen Gästen entstand.

Hinzu kam ein enger persönlicher Kontakt des damaligen evangelischen Pfarrers Schmidt mit dessen katholischem Amtsbruder Pfarrer Derksen. Die beiden Geistlichen, die in den fünfziger Jahren die Geschicke der beiden Gemeinden leiteten, waren sich bereits aus den Kriegsjahren bekannt, da sie beide Divisionspfarrer im selben Armeekorps gewesen sind. Sie pflegten nicht nur eine gegenseitige Hochschätzung, sondern eine tiefe Freundschaft.

Diese enge Beziehung, die sich zwischen beiden Gemeinden entwickelte, war von daher eine Besonderheit, da in dieser Zeitphase ein ökumenisches Bewusstsein gemeinhin noch überhaupt nicht erwacht war, geschweige denn besonders gepflegt wurde.

Von diesen Kontakten zehrten beide Gemeinden auch in den Folgejahren. Als Ende der fünfziger Jahre die evangelische Erlöser-Andreas-Gemeinde eines der ersten wiederaufgebauten Gemeindezentren erhielt, war es ebenso eine Selbstverständlichkeit, dass dieses von der katholischen Nachbargemeinde zu Veranstaltungen mitgenutzt werden konnte. Auch wenn seit dieser Zeit die evangelischen Sonntagsgottesdienste einen eigenen gottesdienstlichen Ort erhielten, so wird bis in die Gegenwart die katholische Herz-Jesu-Kirche für die jährlichen Konfirmationsgottesdienste zur Verfügung gestellt und wurde bis in die achtziger Jahre hinein auch für eine Weihnachtsvesper genutzt.

Eine weitere ökumenische Blütephase entwickelte sich in den achtziger Jahren. Insbesondere unter den beiden Pfarrern Luckhaupt (Herz-Jesu-Gemeinde) und Fleischhack (Erlöser-Andreas-Gemeinde) bekamen die ökumenischen Kontakte nochmals eine kräftige Belebung. Da sich die beiden Geistlichen bereits aus gemeinsamen Schulzeiten kannten und schätzten, knüpften sie auch während ihrer Amtszeiten an diese guten persönlichen Kontakte an. So treffen sich seitdem einmal jährlich unter wechselnder Gastgeberschaft die Pfarrer der evangelischen Gemeinde nebst Ehefrauen mit dem katholischen Pfarrer und der Gemeindereferentin zu einem gemeinsamen Gesprächsabend. Es wurden in dieser Zeit regelmäßige gemeinsame Gemeindeausflüge (z.B. Dampferfahrten auf der Elbe mit Gottesdiensten auf dem Schiff; Straßenbahnsonderfahrt), eine gemeinsame Rüstzeit, gemeinsame Aschermittwochsgottesdienste zur Einstimmung auf die Buß- bzw. Fastenzeit und von den Jugendlichen der Gemeinden ein gemeinsames Taizégebet organisiert. Viele Jahre lang war auch ein ökumenisches Frühlingsfest fester Bestandteil des ökumenischen Jahresprogramms.

In dieser Zeit fanden auch die ersten gemeinsamen Sitzungen der Kirchenvorstände der evangelischen sowie des Pfarrgemeinderats der katholischen Gemeinde statt.

Der Kontakt erhielt dadurch auch eine politische Dimension, dass seit 1982 ein Friedenskreis bestand, der maßgeblich von den Pfarrern Albrecht (Trinitatisgemeinde) und Luckhaupt (Herz-Jesu-Gemeinde) initiiert und geleitet wurde. Diese Gruppierung spielte im Herbst 1989 eine maßgebliche Rolle beim gewaltfreien Übergang von der SED-Diktatur zur Demokratie.

Die Veränderungen Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre führten dazu, dass die Gemeinden sich zunächst nach innen hin ordnen mussten. In dieser Zeit wurde jedoch durch engagierte Laien das ökumenische Band dadurch weitergepflegt, dass 1992 ein Ökumenekreis gegründet wurde, der sich aus Mitgliedern beider Gemeinden zusammensetzt. Seine Tätigkeit stellte der bis heute bestehende Kreis unter das Leitwort "Gemeinsam beten, gemeinsam handeln, gemeinsam feiern."

Eine Neubelebung der Ökumene setzte Mitte der neunziger Jahre durch die beiden Pfarrer Weismann (Erlöser-Andreas-Gemeinde) und Swoboda (Herz-Jesu-Gemeinde) ein, die auch unter den jetzt amtierenden Pfarrern und von den Leitungsgremien der Gemeinden nach wie vor fortgesetzt und gepflegt wird.


Darstellung der derzeitigen ökumenischen Kooperationen der beiden Gemeinden

Aufbauend auf der mittlerweile mehr als fünf Jahrzehnte lang gewachsenen gemeinsamen ökumenischen "Tradition" der beiden Dresdner Stadtgemeinden sind nun eine ganze Reihe von festen Ereignissen und Begebenheiten gewachsen, die als Zeichen für lebendige Ökumene bei den Mitgliedern der einzelnen Gemeinden tief verwurzelt sind.

Jährliche gemeinsame Sitzung der Kirchenvorstände der Evangelisch-Lutherischen Johanneskirchgemeinde Dresden-Johannstadt-Striesen und der Mitglieder des Pfarrgemeinderates der Katholischen Herz-Jesu-Gemeinde Dresden-Johannstadt

Seit mehreren Jahrzehnten findet jeweils im Spätherbst eine gemeinsame Sitzung der Kirchenvorstände der Evangelisch-Lutherischen Johanneskirchgemeinde Dresden-Johannstadt-Striesen (vormals Erlöser-Andreas-Gemeinde und Trinitatisgemeinde) und der Mitglieder des Pfarrgemeinderates der Katholischen Herz-Jesu-Gemeinde Dresden-Johannstadt statt. Gastgeber ist jeweils im jährlichen Wechsel einmal die evangelische und einmal die katholische Gemeinde. Nach einem gemeinsamen Rückblick auf die ökumenischen Veranstaltungen des zurückliegenden Jahres werden Vorhaben und Planungen für die kommenden 12 Monate abgesprochen und koordiniert.

Gemeinsame Sitzung von Pfarrgemeinderat und Kirchvorstand im November 2003
Gemeinsame Sitzung von Pfarrgemeinderat und Kirchvorstand im November 2003
Foto: Bernd Christ

Im folgenden werden die wichtigsten Beispiele für gemeinsame Veranstaltungen dargestellt-

Gemeinsame Feier des Reformationstags am 31. Oktober

Seit dem Jahre 1994 wird der Reformationstag mit einem gemeinsamen Gottesdienst der beiden Gemeinden gefeiert.

Bis 1998 wurde dieser im Wechsel von einem Pfarrer der einen Gemeinde geleitet und ein Pfarrer der anderen Gemeinde hielt die Predigt.

Seit 1999 leiten die Pfarrer der Johanneskirchgemeinde und der Pfarrer der Herz-Jesu-Gemeinde den Gottesdienst gemeinsam. Die gottesdienstliche Gemeinde versammelt sich zu Beginn in der katholischen Herz-Jesu-Kirche. Dort wird nach der Begrüßung der Gläubigen, einem Lied und dem Kyriegebet zum Wortgottesdienstteil übergeleitet. Nach der Lesung, die gleichzeitig Predigtgrundlage ist, und dem gemeinsamen Glaubensbekenntnis schließt sich die Predigt an, die im jährlichen Wechsel einmal von einem der evangelischen Pfarrer und im Folgejahr von dem katholischen Pfarrer gehalten wird. Nach einem weiteren Lied wird die gottesdienstliche Gemeinde zur Teilnahme an einem gemeinsamen Prozessionsweg hin zur etwa einen Kilometer entfernten Kirchruine der evangelischen Trinitatiskirche eingeladen.

Es schließt sich eine Prozession an, angeführt durch Ministranten der Herz-Jesu-Gemeinde (ausdrücklich von der evangelischen Gemeinde gewünscht!) und die beteiligten Pfarrer, gefolgt von den anwesenden Gläubigen. Dieses gemeinsame Unterwegssein in den Dresdner Stadtteilen Striesen und Johannstadt wird in der Öffentlichkeit als eindrucksvolles Zeichen gelebten Christseins und lebendiger Ökumene wahrgenommen.

Einige Fotografien können dies gut belegen:

Prozession auf der Blasewitzer Straße
Prozession auf der Blasewitzer Straße
Foto: Thomas Kretschmer

Prozession bei der Überquerung der Blasewitzer Straße - an der Spitze die Ministranten und die beiden Pfarrer
Prozession bei der Überquerung der Blasewitzer Straße – an der Spitze die Ministranten und die beiden Pfarrer
Foto: Thomas Kretschmer

Die Prozession in unmittelbarer Nähe der Triniatiskirchruine
Die Prozession in unmittelbarer Nähe der Triniatiskirchruine
Foto: Thomas Kretschmer

Einzug in die Trinitatiskirchruine
Einzug in die Trinitatiskirchruine
Foto: Thomas Kretschmer

Nach dem Einzug in die Kirchruine und der Sammlung der Gottesdienstgemeinde wird der zweite Teil des Gottesdienstes mit einem Gemeindelied eingeleitet.

Sammlung der Gottesdienstgemeinde in der Trinitatisruine
Sammlung der Gottesdienstgemeinde in der Trinitatisruine
Foto: Thomas Kretschmer

Posaunenchor mit Gottesdienstgemeinde
Posaunenchor mit Gottesdienstgemeinde
Foto: Thomas Kretschmer

Es schließen sich Fürbittgebete und das Vaterunser an. Der Gottesdienst endet mit einem weiteren Lied und dem gemeinsamen Segen der Pfarrer.

Nach dem Abschluss des Gottesdienstes bleiben die Mitglieder der beiden Gemeinden zu einem gemeinsamen Ausklang auf dem Gelände der Trinitatisruine beieinander.

 

Es besteht ferner die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken, bei schlechtem Wetter in den Räumlichkeiten unter dem Chorbereich der Trinitatisruine oder bei gutem Wetter im Freien.

Gemeinsames Zusammensein nach dem Gottesdienst
Gemeinsames Zusammensein nach dem Gottesdienst
Foto: Thomas Kretschmer

Gebetsabend für die Einheit der Christen

Alljährlich im Januar findet der vom gemeinsamen Ökumenekreis der beiden Gemeinden vorbereitete Gebetsabend für die Einheit der Christen statt. Gastgeber ist im Wechsel die Katholische Herz-Jesu-Gemeinde bzw. die Evangelisch-Lutherische Johanneskirchgemeinde. Im Rahmen einer Andacht nehmen sich die anwesenden Mitglieder beider Gemeinden der Anliegen der Ökumene und der Gesamtkirche an.

Gemeinsame Faschingsfeier

Bereits seit mehreren Jahren wird im Gemeindehaus der Herz-Jesu-Gemeinde ein thematischer Faschingsabend veranstaltet. Der "Elferrat" ist aus Mitgliedern beider Gemeinden zusammengesetzt. Die Veranstaltung findet sehr großen Zuspruch in beiden Gemeinden.

Konfirmationsgottesdienst

Noch aus den Nachkriegszeiten, in denen die katholische Herz-Jesu-Kirche quasi als Simultankirche Verwendung gefunden hatte, stammt die Tradition, dass die Evangelische Johanneskirchgemeinde (vormals Erlöser-Andreas-Kirchgemeinde) den festlichen Konfirmationsgottesdienst im katholischen Gotteshaus feiert. Die katholische Gemeinde stellt dafür ihre Kirchräume sehr gerne zur Verfügung.

Tschernobylaktion

Seit mehreren Jahren besuchen bis zu 20 Kinder aus der Gegend von Tschernobyl (Ukraine), die durch die Reaktorkatastrophe im Jahre 1986 gesundheitlich in Mitleidenschaft gezogen worden sind, mit Begleitern und Dolmetschern jedes zweite Jahr im Sommer die beiden Dresdner Gemeinden. Während des vierwöchigen Aufenthalts sind die Kinder und Begleitpersonen in Familien beider Gemeinden untergebracht. Die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen und Programmen wird von Müttern beider Gemeinden geplant und umgesetzt.

Ökumenischer Wandertag

Ebenfalls im 2-Jahres-Turnus wird vom Ökumenekreis für Mitglieder beider Gemeinden ein gemeinsamer Wandertag mit darin integrierter oder sich anschließender Andacht geplant und durchgeführt.

Bibelwoche

Eine ursprünglich aus der Tradition der evangelischen Gemeinde entstammende und jeweils im Frühjahr stattfindende Bibelwoche wird nunmehr seit mehreren Jahren dadurch teilweise ökumenisch gestaltet, dass zumindest eine der Veranstaltungen im Gemeindehaus der Herz-Jesu-Gemeinde (mit einem Referenten aus der evangelischen Gemeinde) stattfindet und eine weitere Veranstaltung im evangelischen Gemeindezentrum von dem katholischen Gemeindepfarrer geleitet wird.

Sonstiges

Traditionell erhält die Evangelische Johanneskirchgemeinde im Rahmen der Auferstehungsfeier am Morgen des Ostersonntags von einem Gemeindemitglied der Katholischen Herz-Jesu-Gemeinde als Geschenk eine geweihte Osterkerze überreicht.